Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Medikamentenadhärenz und den Zugang zur Gesundheitsversorgung bei Menschen mit chronischen Krankheiten: eine Online-Querschnittserhebung
Beatriz Santos, Younes Boulaguiem, Helene Baysson, Nick Pullen, Idris Guessous, Stephane Guerrier, Silvia Stringhini and Marie P. Schneider.
Patient-Perceived Impact of the COVID-19 Pandemic on Medication Adherence and Access to Care for Long-Term Diseases: A Cross-Sectional Online Survey., COVID 2024, 4, 191-207. February 2024, doi.org/10.3390/covid4020015
Zusammenfassung
Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie wurde mit Veränderungen des Lebensstils, einem eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung und möglichen Auswirkungen auf das Selbstmanagement von Medikamenten in Verbindung gebracht. Unsere Hauptziele bestanden darin, die Auswirkungen der Pandemie auf die Therapietreue und den Zugang zur Versorgung bei chronisch kranken Menschen zu bewerten und deren Zusammenhang mit soziodemografischen und klinischen Faktoren zu ermitteln.
Methoden: Diese Umfrage ist Teil der longitudinalen Kohortenstudie Specchio-COVID-19, die in Genf, Schweiz, mithilfe von Online-Fragebögen auf der Specchio-Hub-Plattform (www.specchio-hub.ch) durchgeführt wurde. Die für die Erhebung in Frage kommende Population bestand aus erwachsenen Teilnehmern, die im Specchio-Covid19-Einschlussfragebogen mindestens eine lang andauernde chronische Krankheit angegeben hatten (n = 2 788). Im September 2021 wurde ihnen ein spezieller Fragebogen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Therapietreue und den Zugang zur Gesundheitsversorgung zugesandt.
Ergebnisse: 1549 Teilnehmer füllten den Fragebogen aus (Rücklaufquote von 55 %), 1048 bestätigten, dass sie mindestens eine Langzeiterkrankung hatten. Von den 982 Teilnehmern, die in die Analyse einbezogen wurden (medianes Alter: 56; 61 % Frauen), hatten 827 eine langfristige medikamentöse Behandlung. Es wurden 76 Änderungen der Medikamentendosierung gemeldet, davon 24 (31 %) ohne Empfehlung eines Arztes, und 51 Verzögerungen bei der Einleitung oder vorzeitiger Abbruch der Behandlung, davon 24 (47 %) ohne Empfehlung eines Arztes. Nur 1 % (9/827) der Teilnehmer/innen hatten Probleme beim Zugang zu Medikamenten. Die Prävalenz von Personen mit chronischen Erkrankungen, die während der COVID-19-Pandemie über eine Veränderung ihrer Medikamenteneinnahme berichteten, war in unserer Studie signifikant niedriger als in Studien aus den USA, aber ähnlich wie in anderen Studien aus Europa. Bei älteren Menschen und Personen mit höherem Bildungsniveau war die Wahrscheinlichkeit geringer, dass ihre Medikamenteneinnahme durch die Pandemie beeinflusst wurde, was mit anderen Studien übereinstimmt. Personen, die ein Medikament für die Atemwege einnahmen, berichteten mit viermal höherer Wahrscheinlichkeit über eine regelmäßigere Medikamenteneinnahme (OR = 4,27; 95 % KI: 2,11-8,63).
Schlussfolgerung: Diese Studie zeigt, dass die Pandemie nur einen geringen wahrgenommenen Einfluss auf die Therapietreue von Langzeitpatienten mit chronischen Erkrankungen hatte. Der langfristige Zugang zu Medikamenten wurde durch Maßnahmen wie Semi-Containment, das die Betroffenen nicht davon abhielt, ihre Wohnungen zu verlassen, Veränderungen in der Nutzung der Gesundheitsversorgung (wie eHealth) und die Erneuerung von Rezepten durch Gemeindeapotheker gewährleistet.
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